Dienstag, 21. Juli 2020
Nicht jeder Tag ist gut
Nichtmal hier. Da hat man eine herrliche Umgebung, die dringend benötigte Ruhe und soviel Abwechslung, wie man braucht (oder auch nicht, das ist dann aber auch ok) und trotzdem finden Mitmenschen immer einen Weg, einem den Tag zu versauen.

Ich bin ja eher so der Hippie, dem Harmonie im Zusammenleben unheimlich wichtig ist. Und wenn etwas angesprochen werden muss, dann spreche ich es auch an. Runterschlucken macht Bauchweh, hinterrücks lästern macht alles noch viel schlimmer.

Emotionen steigern sich bis hin zur Wut und das führt dann dazu:

HERRGOTTNOCHMAL, HÄTTE ICH GESTERN ABEND GERNE EIN GLAS WEIN GEHABT!!!

Fuckfuckfuckedifuck. Wegen kleiner, blöder Petitessen erregt man sich hier über alle Maßen. Das ist zum einen unnötig und zum anderen trübt es das Wohlbefinden erheblich ein.

Was war geschehen? Eigentlich nichts besonderes. Es fiel auf, dass die "Frauen-Waschmaschine" meistens eher unterbeschäftigt war. Das gute Stück wusch zwar ununterbrochen, aber immer nur 4 Teilchen. Also 2 Schlüppis und 2 Paar Strümpfe. Oder nur ein Tshirt und ein Handtuch. Und das blieb dann auch noch stundenlang in der Maschine liegen.

Zwei von uns (u.a. ich auch) sprachen es in der Gruppe an. Ich appellierte an das Umweltbewusstsein und Energieverschwendung.

Uih. Plötzlich befand ich mich in einem Shitstorm der Marke "Es ist ein Grundrecht des Menschen, so wenig oder soviel zu waschen, wie man will und Du hast dich gerade total übergriffig in unsere Privatsphäre eingemischt!!!EINSEINSELF!!!" sprach eine und verließ dann wutentbrannt den Raum.

Und ich saß da wie Max aufm Misthaufen, Kinnlade auf Bauchnabelhöhe. Okaaaaayyyy?

Na gut, dann waschen wir drei hier aus dem kleinsten Haus eben bei den Männern. Ist entspannter. Und näher dran. Pöh.

Für mich war die Sache dann eigentlich gegessen. Aber leider wird es nicht entspannter. Ich mag nach außen hin zwar meistens fröhlich und bester Laune sein, aber ich bin ja nicht hier, weil ich mein Leben volle Kanne im Griff habe. Ich leide auch unter wiederkehrenden Depressionen, kann das nur sehr gut verstecken, wenn nötig.
Was ich aber nicht mache und was ich auch nicht mehr lange ertrage: ein zutiefst mies gelauntes Gegenüber beim Essen. 99 % der Mahlzeiten verlaufen in tiefem, missgelaunten Schweigen.

Ab und an hatte ich zu Beginn noch gefragt, ob ich der Dame irgendwie helfen kann, mal spazieren gehen, Blaubeeren sammeln, irgendwas.

Antwort - wenn überhaupt - war ein geknurrtes "Nein. Mir geht es beschissen. Was sollst DU da schon helfen!"

Ok, war nur ein Angebot. Das machte mir nicht viel aus, weil ich genug mit mir zu tun habe. Mittlerweile wird es aber sehr anstrengend. Es belastet mich, ich habe kaum noch Lust, zu den Mahlzeiten zu erscheinen weil diese groben Unhöflichkeiten mir einfach den Appetit nehmen.

Mädel, ich bin AUCH krank! Ich beschäftige mich aber mit meiner Erkrankung und habe als Ziel, alles, wirklich alles zu tun um wieder in die Spur zu kommen. Es tut mir sehr leid, dass sie das augenscheinlich nicht kann. Aber links und rechts um sich zu keifen erscheint mir nicht so ganz der beste Weg.

Lösung? Ich werde darüber mit der Therapeutin reden und um ein Gespräch zu dritt bitten. Nicht alleine mit der Dame, weil ich dann sowieso wieder angefaucht werde. Und so tough wie ich erscheinen mag, bin ich gar nicht immer.

Wie dem auch sei: das Craving von gestern Abend ist vorüber, ich habe gleich Ergotherapie und danach frei. Und da ich heute den ersten Tag der 3. Woche habe, darf ich endlich alleine durch die Wälder stromern. Hach! Habe mich schon mit dem Herzchen T. verabredet. Sie ist eher so Duracell-Häschen, ich bin - kniebedingt - Modell Lahme Ente. Aber die Mischung ergibt ein gutes Duo.

Und heute Abend gucke ich "Hamilton" weiter. Meine Güte, wie grandios kann ein Musical sein? Unbedingter Gucktipp! :)

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Dienstag, 14. Juli 2020
Grummelbrummel...
Ich.Habe.Es.Geahnt.

Meine Krankenkasse ist doof. Nein, eher fies.

Eben angerufen und nach dem Stand meines Krankengeldes gefragt. Der Herr war eher so "Alte, nervmichnich" und meinte, dass am Telefon ja schon Ende Juni gesagt worden wäre, dass mir kein Geld zusteht. Ich also nochmal das Arbeitsamt angerufen, die fanden das seltsam und rieten, die Bescheinigung von denen an die KK zu senden. Hab ich gemacht. Die AU habe ich von hier aus ebenfalls hingeschickt. Und es kam weder ein Brief noch sonst irgendwas. Mir wurde auch nie empfohlen, mich freiwillig zu versichern.

Ich sitze hier also äußerst verunsichert und bin anscheinend überhaupt gar nicht krankenversichert. Es wäre ja nett gewesen, hätte man mich seitens der KK mal drauf hingewiesen.
Der Schnösel (ja sorry, der WAR schnöselig und sehr von oben herab, so nach dem Motto "dann sauf halt nicht!") meinte dann auf mein empörtes Nachfragen, er gebe es mal weiter. Und ich soll Hartz 4 beantragen.

Hase, ich BEKOMME kein Hartz 4! Dazu liegt viel zu viel auf einem Sparkonto. AUch das hatte ich Ende Juni bereits erklärt.

Dann kam noch "Sie hätten sich ja selber nochmal melden können."

Hätte, hätte, Fahrradkette. Das ist nicht immer so einfach, wenn man in der Psychiatrie ist, die Depression meistens noch die Überhand hat und man noch gar nicht weiß, wie es jetzt weitergeht.

Jetzt weiß ich es ja, ich bin hier in Sicherheit. Und die Depression hat sich erstmal verkrümelt. Was bedeutet: Obacht, Ämter und Behörden! Ich bin wieder da und ich bin sauer!

Erst schmeisst einen das Krankenhaus bei dem ersten Versuch zu entgiften wieder auf die Straße. Dann rutsche ich aus der Sperre direkt auf die Geschlossene, dann kommt ein Brief, dass ALG 1 beendet wurde, dann sagt die KK, dass ich von denen auch nichts bekomme.

Leute, so macht ihr es einem ungleich schwerer, wieder draußen, außerhalb dieser netten Käseglocke, leben zu wollen.
Immer heißt es: "ein Rückfall ist keine Katastrophe. Kommen sie zu uns, wir helfen Ihnen weiter"

Am Arsch! Und ich gehöre noch zu den gefestigteren hier. Was ist denn mit den Klienten hier, die polytox sind, keine Wohnung mehr haben und völlig durch den Wind?

Gottseidank habe ich eine tolle Therapeutin, die mir dabei helfen kann. Es ist nämlich auch immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Ämter und KKs reagieren, wenn ein Therapeut anruft oder man selber. ;)

So. Jetzt schnappe ich mir einen Zeichenblock und werde zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder ein wenig aufs Papier bringen. Das lenkt sicher ein wenig ab.

Oder hau ich den Boxsack zu Klump?

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