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Mittwoch, 15. Juli 2020
Wieso der Rückfall?
katloki, 12:54h
Tja. Alles begann im Dezember mit meinem verwitweten Vater. Er kam seit dem Tod von Mum vor 2 Jahren nicht mehr zurecht. Die ersten Monate ging es noch, aber allmählich ließ er sich gehen.
Mein Bruder, seine Frau und ich haben alles versucht, aber wir leben alle 100 Km entfernt von ihm, und hatten Vollzeitjobs. Ich habe auch kein Auto, bin aber trotzdem so oft wie irgend möglich hochgefahren (Dithmarschen).
Im Dezember ging es los mit nächtlichen Anrufen beim Bruder (Joah, wir müssen nach Italien! Fußball WM! Sag mal deiner Schwester Bescheid!), die meinen Bruder völlig verwirrt und auch sehr besorgt werden ließen. Papa kam dann ins Krankenhaus, weil nette Nachbarn sich Sorgen machten. Das ging noch bis Februar so hin und her, er baute zusehends ab, verweigerte Essen und Medikamente, bis wir uns einigten, die Behandlung zu stoppen und ihn gehen zu lassen.
Er versicherte uns noch, dass wir uns keine Sorgen machen müssten. Alles wäre geregelt.
Nach seinem Tod krachte dann alles zusammen. Er war hoch verschuldet, das gemietete Haus teilweise völlig verwahrlost (er hatte uns verboten, in dieses eine Zimmer zu gehen und blöderweise hatten wir gehorcht bzw. es akzeptiert) und es war gar nichts geregelt.
Bei seiner Beerdigung habe ich nicht geweint, obwohl ich immer ein Papakind gewesen bin. Da muss ich noch einiges aufarbeiten.
Zeitgleich hatte ich im Dezember einen neuen Job begonnen, nachdem viele Kollegen aus der alten Firma von der neuen Firma gekündigt worden waren. Ich leider auch, aber immerhin gab es eine feine Abfindung (deswegen habe ich auch keinen Anspruch auf Hartz 4).
Dezent panisch, weil ich da schon 51 war, suchte ich mir nahtlos etwas neues. Und fand eine Position als telefonische Serviceberaterin beim ...tadaaaa...Jobcenter.
Und bekam einen "Paten" an die Seite gesetzt, mit dem ich absolut nicht klar kam. Also so gar nicht. Null. Nada. Ich bin ehrgeizig und stürze mich immer mit Aplomb auf neue Dinge. Auch im Job. Aber dieser Kerl hat es fertig gebracht, dass ich mir nach kürzester Zeit überhaupt nichts mehr zutraute. Das Team an sich war super, nur eben dieser eine Dödel...Seufz.
Und ich fing an, mich nach Entspannung zu sehnen. Da dort keiner von meiner Krankheit wusste, fing ich abends wieder an, mir eine Flasche Wein zu holen. Die hielt auch zu Beginn für 2 Abende vor. Dann nur noch ein Abend. Dann holte ich mir einen Flachmann mit Weinbrand (igitt...). Irgendwie dachte ich, egal was, Hauptsache keinen Wodka.
Mitte März schmiss ich hin und ließ mich krankschreiben.
Voller Erleichterung, nie wieder diesen Vollhonk sehen zu müssen und nie wieder verunsicherten Menschen irre lange Bescheide erklären zu müssen, stürzte ich mich in ein wahres Lotterleben. Geld hatte ich ja genug.
Dann kam Corona, der Baby-Lockdown (ja, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern war es die Babyversion) und ich fing richtig an, mich wegzuballern.
Merkt ja eh keiner, wir dürfen uns eh nicht treffen, lalala, her mit dem Wodka.
Im April war mir klar, dass ich keineswegs damit gut fuhr, sondern ich wollte sofort aufhören. Dann passierte der Mist mit dem AK Wandsbek, wo sie mich wegschickten mit dem lapidaren Hinweis "Trinken Sie einfach weiter!"
Und dann kam am Mittsommertag göttinseidank meine Freundin und rettete mich. Püha.
Und jetzt kämpfe ich tapfer weiter mit der unfassbar unfreundlichen Krankenkasse. Meine Therapeutin hatte gerade bei denen angerufen und war auch sehr erstaunt über die geballte Unfreundlichkeit.
Aber gemeinsam werden wir das schaffen. Und jetzt habe ich gleich Gruppentreffen und heute nachmittag darf ich eeeendlich mit zum Heidespaziergang. Ich freue mich total :)
Mein Bruder, seine Frau und ich haben alles versucht, aber wir leben alle 100 Km entfernt von ihm, und hatten Vollzeitjobs. Ich habe auch kein Auto, bin aber trotzdem so oft wie irgend möglich hochgefahren (Dithmarschen).
Im Dezember ging es los mit nächtlichen Anrufen beim Bruder (Joah, wir müssen nach Italien! Fußball WM! Sag mal deiner Schwester Bescheid!), die meinen Bruder völlig verwirrt und auch sehr besorgt werden ließen. Papa kam dann ins Krankenhaus, weil nette Nachbarn sich Sorgen machten. Das ging noch bis Februar so hin und her, er baute zusehends ab, verweigerte Essen und Medikamente, bis wir uns einigten, die Behandlung zu stoppen und ihn gehen zu lassen.
Er versicherte uns noch, dass wir uns keine Sorgen machen müssten. Alles wäre geregelt.
Nach seinem Tod krachte dann alles zusammen. Er war hoch verschuldet, das gemietete Haus teilweise völlig verwahrlost (er hatte uns verboten, in dieses eine Zimmer zu gehen und blöderweise hatten wir gehorcht bzw. es akzeptiert) und es war gar nichts geregelt.
Bei seiner Beerdigung habe ich nicht geweint, obwohl ich immer ein Papakind gewesen bin. Da muss ich noch einiges aufarbeiten.
Zeitgleich hatte ich im Dezember einen neuen Job begonnen, nachdem viele Kollegen aus der alten Firma von der neuen Firma gekündigt worden waren. Ich leider auch, aber immerhin gab es eine feine Abfindung (deswegen habe ich auch keinen Anspruch auf Hartz 4).
Dezent panisch, weil ich da schon 51 war, suchte ich mir nahtlos etwas neues. Und fand eine Position als telefonische Serviceberaterin beim ...tadaaaa...Jobcenter.
Und bekam einen "Paten" an die Seite gesetzt, mit dem ich absolut nicht klar kam. Also so gar nicht. Null. Nada. Ich bin ehrgeizig und stürze mich immer mit Aplomb auf neue Dinge. Auch im Job. Aber dieser Kerl hat es fertig gebracht, dass ich mir nach kürzester Zeit überhaupt nichts mehr zutraute. Das Team an sich war super, nur eben dieser eine Dödel...Seufz.
Und ich fing an, mich nach Entspannung zu sehnen. Da dort keiner von meiner Krankheit wusste, fing ich abends wieder an, mir eine Flasche Wein zu holen. Die hielt auch zu Beginn für 2 Abende vor. Dann nur noch ein Abend. Dann holte ich mir einen Flachmann mit Weinbrand (igitt...). Irgendwie dachte ich, egal was, Hauptsache keinen Wodka.
Mitte März schmiss ich hin und ließ mich krankschreiben.
Voller Erleichterung, nie wieder diesen Vollhonk sehen zu müssen und nie wieder verunsicherten Menschen irre lange Bescheide erklären zu müssen, stürzte ich mich in ein wahres Lotterleben. Geld hatte ich ja genug.
Dann kam Corona, der Baby-Lockdown (ja, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern war es die Babyversion) und ich fing richtig an, mich wegzuballern.
Merkt ja eh keiner, wir dürfen uns eh nicht treffen, lalala, her mit dem Wodka.
Im April war mir klar, dass ich keineswegs damit gut fuhr, sondern ich wollte sofort aufhören. Dann passierte der Mist mit dem AK Wandsbek, wo sie mich wegschickten mit dem lapidaren Hinweis "Trinken Sie einfach weiter!"
Und dann kam am Mittsommertag göttinseidank meine Freundin und rettete mich. Püha.
Und jetzt kämpfe ich tapfer weiter mit der unfassbar unfreundlichen Krankenkasse. Meine Therapeutin hatte gerade bei denen angerufen und war auch sehr erstaunt über die geballte Unfreundlichkeit.
Aber gemeinsam werden wir das schaffen. Und jetzt habe ich gleich Gruppentreffen und heute nachmittag darf ich eeeendlich mit zum Heidespaziergang. Ich freue mich total :)
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Dienstag, 14. Juli 2020
Grummelbrummel...
katloki, 12:23h
Ich.Habe.Es.Geahnt.
Meine Krankenkasse ist doof. Nein, eher fies.
Eben angerufen und nach dem Stand meines Krankengeldes gefragt. Der Herr war eher so "Alte, nervmichnich" und meinte, dass am Telefon ja schon Ende Juni gesagt worden wäre, dass mir kein Geld zusteht. Ich also nochmal das Arbeitsamt angerufen, die fanden das seltsam und rieten, die Bescheinigung von denen an die KK zu senden. Hab ich gemacht. Die AU habe ich von hier aus ebenfalls hingeschickt. Und es kam weder ein Brief noch sonst irgendwas. Mir wurde auch nie empfohlen, mich freiwillig zu versichern.
Ich sitze hier also äußerst verunsichert und bin anscheinend überhaupt gar nicht krankenversichert. Es wäre ja nett gewesen, hätte man mich seitens der KK mal drauf hingewiesen.
Der Schnösel (ja sorry, der WAR schnöselig und sehr von oben herab, so nach dem Motto "dann sauf halt nicht!") meinte dann auf mein empörtes Nachfragen, er gebe es mal weiter. Und ich soll Hartz 4 beantragen.
Hase, ich BEKOMME kein Hartz 4! Dazu liegt viel zu viel auf einem Sparkonto. AUch das hatte ich Ende Juni bereits erklärt.
Dann kam noch "Sie hätten sich ja selber nochmal melden können."
Hätte, hätte, Fahrradkette. Das ist nicht immer so einfach, wenn man in der Psychiatrie ist, die Depression meistens noch die Überhand hat und man noch gar nicht weiß, wie es jetzt weitergeht.
Jetzt weiß ich es ja, ich bin hier in Sicherheit. Und die Depression hat sich erstmal verkrümelt. Was bedeutet: Obacht, Ämter und Behörden! Ich bin wieder da und ich bin sauer!
Erst schmeisst einen das Krankenhaus bei dem ersten Versuch zu entgiften wieder auf die Straße. Dann rutsche ich aus der Sperre direkt auf die Geschlossene, dann kommt ein Brief, dass ALG 1 beendet wurde, dann sagt die KK, dass ich von denen auch nichts bekomme.
Leute, so macht ihr es einem ungleich schwerer, wieder draußen, außerhalb dieser netten Käseglocke, leben zu wollen.
Immer heißt es: "ein Rückfall ist keine Katastrophe. Kommen sie zu uns, wir helfen Ihnen weiter"
Am Arsch! Und ich gehöre noch zu den gefestigteren hier. Was ist denn mit den Klienten hier, die polytox sind, keine Wohnung mehr haben und völlig durch den Wind?
Gottseidank habe ich eine tolle Therapeutin, die mir dabei helfen kann. Es ist nämlich auch immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Ämter und KKs reagieren, wenn ein Therapeut anruft oder man selber. ;)
So. Jetzt schnappe ich mir einen Zeichenblock und werde zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder ein wenig aufs Papier bringen. Das lenkt sicher ein wenig ab.
Oder hau ich den Boxsack zu Klump?
Meine Krankenkasse ist doof. Nein, eher fies.
Eben angerufen und nach dem Stand meines Krankengeldes gefragt. Der Herr war eher so "Alte, nervmichnich" und meinte, dass am Telefon ja schon Ende Juni gesagt worden wäre, dass mir kein Geld zusteht. Ich also nochmal das Arbeitsamt angerufen, die fanden das seltsam und rieten, die Bescheinigung von denen an die KK zu senden. Hab ich gemacht. Die AU habe ich von hier aus ebenfalls hingeschickt. Und es kam weder ein Brief noch sonst irgendwas. Mir wurde auch nie empfohlen, mich freiwillig zu versichern.
Ich sitze hier also äußerst verunsichert und bin anscheinend überhaupt gar nicht krankenversichert. Es wäre ja nett gewesen, hätte man mich seitens der KK mal drauf hingewiesen.
Der Schnösel (ja sorry, der WAR schnöselig und sehr von oben herab, so nach dem Motto "dann sauf halt nicht!") meinte dann auf mein empörtes Nachfragen, er gebe es mal weiter. Und ich soll Hartz 4 beantragen.
Hase, ich BEKOMME kein Hartz 4! Dazu liegt viel zu viel auf einem Sparkonto. AUch das hatte ich Ende Juni bereits erklärt.
Dann kam noch "Sie hätten sich ja selber nochmal melden können."
Hätte, hätte, Fahrradkette. Das ist nicht immer so einfach, wenn man in der Psychiatrie ist, die Depression meistens noch die Überhand hat und man noch gar nicht weiß, wie es jetzt weitergeht.
Jetzt weiß ich es ja, ich bin hier in Sicherheit. Und die Depression hat sich erstmal verkrümelt. Was bedeutet: Obacht, Ämter und Behörden! Ich bin wieder da und ich bin sauer!
Erst schmeisst einen das Krankenhaus bei dem ersten Versuch zu entgiften wieder auf die Straße. Dann rutsche ich aus der Sperre direkt auf die Geschlossene, dann kommt ein Brief, dass ALG 1 beendet wurde, dann sagt die KK, dass ich von denen auch nichts bekomme.
Leute, so macht ihr es einem ungleich schwerer, wieder draußen, außerhalb dieser netten Käseglocke, leben zu wollen.
Immer heißt es: "ein Rückfall ist keine Katastrophe. Kommen sie zu uns, wir helfen Ihnen weiter"
Am Arsch! Und ich gehöre noch zu den gefestigteren hier. Was ist denn mit den Klienten hier, die polytox sind, keine Wohnung mehr haben und völlig durch den Wind?
Gottseidank habe ich eine tolle Therapeutin, die mir dabei helfen kann. Es ist nämlich auch immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Ämter und KKs reagieren, wenn ein Therapeut anruft oder man selber. ;)
So. Jetzt schnappe ich mir einen Zeichenblock und werde zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder ein wenig aufs Papier bringen. Das lenkt sicher ein wenig ab.
Oder hau ich den Boxsack zu Klump?
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Montag, 13. Juli 2020
Trinken ist einfach eine Charakterschwäche
katloki, 08:42h
Ist das so?
Ist es nicht.
Leider gibt es nach wie vor eine Vielzahl von Mitmenschen, die nicht verstehen wollen oder können, dass Alkoholismus eine Krankheit ist. Damit wird man nicht geboren (obwohl doch, das kommt tragischerweise vor, wenn die Schwangere trinkt), man "erschafft" die Krankheit.
Und diese Krankheit hat den dämlichen Effekt, dass sie bleibt. Immer. Bis zum Tod. Durch missbräuchlichen Alkoholgenuss beginnt die Leber nämlich, MEOS zu bilden. Achtung, es folgt ein kleiner Exkurs in die Medizin:
Bei chronischem Alkoholkonsum beginnt die Leber, diese tapfere, fleissige Müllhalde unseres Körpers, einen eigenen Weg zu finden, mit dem Alk umzugehen. Sie bildet ein mikrosomales Ethanol-oxidierendes System (MEOS) und passt sich dadurch an den Konsum an. Die Leber erschafft eigene Enzyme zum Abbau des Alkohols. Und diese Enzyme bleiben dann. MEOS ist dafür verantwortlich, dass der Alkoholabbau immer schneller erfolgt. Man braucht immer mehr, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Was dummerweise dazu führt, dass man nach langen oder längeren Trockenphasen (und ich meine Jahre oder Jahrzehnte) rasend schnell wieder bei der gleichen Menge an Alkohol ist wie zu dem Zeitpunkt, als man aufhörte. Dieses MEOS bleibt. Jaja, die Geister, die ich rief.
Und dann ist da auch noch das Suchtgedächtnis. Das Teil merkt es sich auch und will sofort und jetzt bitte gleich ähnliche Litermengen an Alkohol wie zu Beginn der Trockenphase. Und vergisst auch nicht. Nie mehr. Es hockt in deinem Gehirn und wispert verführerische Sätze wie: "Na, Scheißtag gehabt? Trink einfach ein Glas Wein. Machen alle anderen ja auch. Passiert schon nichts. Na los!"
Und Zack, rödelt das MEOS los und die ganze Scheiße beginnt von vorne.
Das hat also alles nun wirklich überhaupt nichts mit "Charakterschwäche" zu tun. Ich habe auch Freunde, die einfach nicht verstehen, wieso ich wieder angefangen habe zu trinken. Ich bin ihnen nicht böse und kann nachvollziehen, wieso ich ein anstrengendes Miststück gewesen bin.
Aber versucht, es zu verstehen. Bitte.
Alkoholismus ist eine lebensgefährliche Krankheit, aber auch eine der wenigen Krankheiten, die man selber in der Hand hat. Und das ist schwer. Sauschwer.
Überall ist Alkohol. In der Werbung, auf Partys, bei Konzerten, Vernissagen, Supermärkten, bei Treffen mit Freunden, an der Tankstelle, auf der Grillwiese, beim Minigolf...ja, wo eigentlich nicht? Und billig ist der Scheiß auch noch. Das muss man erstmal täglich aushalten, diese Nonstop-Konfrontation. Und solange man nicht sehr gefestigt ist, wird es immer wieder passieren.
Ich weiß, dass ich es trocken schaffen kann. Aber derzeit bin ich heilfroh, hier oben auf dem "Berg" in Sicherheit zu sein.
Ist es nicht.
Leider gibt es nach wie vor eine Vielzahl von Mitmenschen, die nicht verstehen wollen oder können, dass Alkoholismus eine Krankheit ist. Damit wird man nicht geboren (obwohl doch, das kommt tragischerweise vor, wenn die Schwangere trinkt), man "erschafft" die Krankheit.
Und diese Krankheit hat den dämlichen Effekt, dass sie bleibt. Immer. Bis zum Tod. Durch missbräuchlichen Alkoholgenuss beginnt die Leber nämlich, MEOS zu bilden. Achtung, es folgt ein kleiner Exkurs in die Medizin:
Bei chronischem Alkoholkonsum beginnt die Leber, diese tapfere, fleissige Müllhalde unseres Körpers, einen eigenen Weg zu finden, mit dem Alk umzugehen. Sie bildet ein mikrosomales Ethanol-oxidierendes System (MEOS) und passt sich dadurch an den Konsum an. Die Leber erschafft eigene Enzyme zum Abbau des Alkohols. Und diese Enzyme bleiben dann. MEOS ist dafür verantwortlich, dass der Alkoholabbau immer schneller erfolgt. Man braucht immer mehr, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Was dummerweise dazu führt, dass man nach langen oder längeren Trockenphasen (und ich meine Jahre oder Jahrzehnte) rasend schnell wieder bei der gleichen Menge an Alkohol ist wie zu dem Zeitpunkt, als man aufhörte. Dieses MEOS bleibt. Jaja, die Geister, die ich rief.
Und dann ist da auch noch das Suchtgedächtnis. Das Teil merkt es sich auch und will sofort und jetzt bitte gleich ähnliche Litermengen an Alkohol wie zu Beginn der Trockenphase. Und vergisst auch nicht. Nie mehr. Es hockt in deinem Gehirn und wispert verführerische Sätze wie: "Na, Scheißtag gehabt? Trink einfach ein Glas Wein. Machen alle anderen ja auch. Passiert schon nichts. Na los!"
Und Zack, rödelt das MEOS los und die ganze Scheiße beginnt von vorne.
Das hat also alles nun wirklich überhaupt nichts mit "Charakterschwäche" zu tun. Ich habe auch Freunde, die einfach nicht verstehen, wieso ich wieder angefangen habe zu trinken. Ich bin ihnen nicht böse und kann nachvollziehen, wieso ich ein anstrengendes Miststück gewesen bin.
Aber versucht, es zu verstehen. Bitte.
Alkoholismus ist eine lebensgefährliche Krankheit, aber auch eine der wenigen Krankheiten, die man selber in der Hand hat. Und das ist schwer. Sauschwer.
Überall ist Alkohol. In der Werbung, auf Partys, bei Konzerten, Vernissagen, Supermärkten, bei Treffen mit Freunden, an der Tankstelle, auf der Grillwiese, beim Minigolf...ja, wo eigentlich nicht? Und billig ist der Scheiß auch noch. Das muss man erstmal täglich aushalten, diese Nonstop-Konfrontation. Und solange man nicht sehr gefestigt ist, wird es immer wieder passieren.
Ich weiß, dass ich es trocken schaffen kann. Aber derzeit bin ich heilfroh, hier oben auf dem "Berg" in Sicherheit zu sein.
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