Montag, 28. August 2023
Back in the Groove
Moin!
2020 begann ich diesen Blog, weil ich dachte, es sei eventuell für die/den einen oder anderen hilfreich, wenn jemand wie ich offen über meine Krankheit berichtet.

Ich bin Alkoholikerin. Nach dem Sommer 2020 in der Nordheide war ich glücklich, zuversichtlich und klar.

Das hielt nicht sehr lange an. Nach ca. 1,5 Jahren liebäugelte ich wieder mit meinem Suchtgedächtnis. Es hatte doch Recht! Ein Glas schadet nicht! Nööö...

Tja. Natürlich hat es geschadet. Wir haben jetzt Ende August '23 und ich bin nach Monaten voller Ups and Downs (mehr Downs allerdings) und nach langem Hadern und viel Existenzangst seit heute in einer erneuten Langzeitherapie. Meine erste war 2012, danach war ich viele Jahre trocken und happy.

Ich musste einsehen, dass ich es nicht mehr schaffe. Meine Dämonen haben gewonnen. Mistviecher! Nach einer qualifizierten Entgiftung musste ich noch 4 Wochen zuhause warten, bis ich die Therapie beginnen konnte.
Erstaunlicherweise fiel mir das sehr leicht.

Die sogenannte QE war sehr gut. Selbst ich "alter Hase" habe neue Erkenntnisse gewonnen. Vielleicht war es
deswegen das erste Mal seit Monaten so einfach, nichts zu trinken.

Ich lasse den Blog hiermit wieder aufleben, werde versuchen so oft wie möglich zu schreiben, auch wenn ich dafür ins klinikeigene Café muss. Auf den Zimmern ist nämlich daddeldu mit WLAN...Hmpf.

Ich betrachte das hier zum einen als Tagebuch und zum anderen einfach als Gedächtnisstütze und Informationsaustausch.

Also: Der erste Tag, ankommen.

Huch. Die sind ja alle ausnahmslos nett hier! Und die Regeln sind weitaus lockerer als 2012 in der anderen Einrichtung.
Also Einweisung, Pusten, Pipi machen. Rundgang mit der Patin (jede*r hat eine*n), ab zur Ärztin.

Öha. Ich habe wirklich Raubbau an meinem Körper betrieben. Das wird von der sehr ehrlichen Ärztin ganz klar kommuniziert. Und es werden Maßnahmen ergriffen.

Mein Wunsch, hier in den nächsten 3 Monaten mit dem Rauchen aufzuhören, ist übrigens kein Wunsch mehr. Das ist jetzt eine Anordnung *schluck*
Leber hat einen Hau weg, das weiß ich aber schon seit letztem Jahr (und habe sie fleissig weiter mißhandelt. Auch so ein Zeichen von Sucht. Man WEISS, dass es wirklich schadet, aber betäubt sich immer weiter und immer härter).

OK. Dann kann ich endlich mein Zimmer beziehen und HACH! Ist das schön groß! Und es liegt eine kleine Tüte Gummibärchen auf dem Kissen, wie süß!

Danach Mittagessen. Übrigens haben wir hier einen eigenen Koch. Nix mit Caterer und aufgewärmtem Fraß. Alles lecker und frisch.

Am frühen Nachmittag Kofferkontrolle. Logisch. Das hier ist eine Suchtklinik und beileibe nicht nur für Alkis. Es werden auch später spontane Kontrollen durchgeführt werden.
Danach ist erstmal Schluss für heute. Abendbrot ist reichhaltig, in Buffetform. In meiner Gruppe sind einige Rehabilitanden, die auch abnehmen wollen (ich will und ich muss. So fett wie jetzt war ich in meinem ganzen Leben noch nicht!) und wir unterstützen uns gegenseitig. Also nix mehr Brötchen, Weißmehlprodukte etc. Morgens und abends Quark mit Gemüse und/oder Obst. That is it, folks!
Mittags schau ich mal. Hier ist eindeutig viel Bewegung angesagt. Sollte ich zu hangry werden, werde ich mittags auch Nudeln & Co. essen. Aber eben viel weniger als normalerweise. Ich MOPS!

Morgen früh habe ich mein erstes Einzelgespräch mit meinem Bezugstherapeuten und danach noch dies und das. Es war ein gutes Ankommen!

Und ich bin sehr dankbar, dass uns diese Möglichkeiten gegeben werden. Man muss sie halt "nur" nutzen ;-)

Das ganze wird tiefenpsychologisch angegangen. Mal sehen, wie tief ich gehen kann um den ganzen Scheiß der letzten Jahre zu verarbeiten.

Wenn ihr mitkommen möchtet: ich freue mich!

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Mittwoch, 23. Dezember 2020
Ein Geschenk!
Ohja, und was für eins.
Ich habe wieder Arbeit. Ab Mitte Januar arbeite ich im: tadaaa: Impfzentrum der Stadt.

Dieses Gefühl, wieder gebraucht zu werden und dann auch noch etwas wirklich sinnvolles machen zu können ist sehr sehr toll.

Auch wenn es erstmal nur für ein halbes Jahr ist, in der Zeit kann ja viel passieren und ich denke nicht, dass alle in 6 Monaten gepiekst worden sind ;)

So oder so: ich habe zum ersten Mal seit langer Zeit eine Ruhe in mir. Die nächsten Wochen kann ich hier völlig entspannt die letzten freien Tage genießen, ohne fast täglich Stellenangebote zu sichten. Yay!

Mein kleiner Nebenjob hat sich damit erledigt, leider aber auch dann die Supppenküche. Jedenfalls fürs erste. Ich helfe auf jeden Fall aber noch mit, solange ich Zeit habe.

Die Arbeit dort erdet einen nämlich ganz wunderbar und lässt mich mein eigenes Leben noch ein wenig mehr wertschätzen. Und die Menschen da sind so arg lieb, dass es einem ganz flauschig werden kann.
Also die meisten jedenfalls *g*
Letzte Woche turnte ein nicht nüchterner Mann halsbrecherisch zwischen den Treppenstufen herum, wo wir liebevoll die vielen Töpfchen mit frischen Kräutern aufgebaut hatten. Er schnappte sich einen Basilikumtopf, hopste sehr unelegant gen Boden, torkelte einmal im Kreis, dann wieder hoch, nächster Topf, wieder eine Art Bodenturnen mit doppeltem Underberg/Rittberger, noch ein Basilikum usw. Ich stand da mit erhobenen Armen, um den Schlacks zur Not aufzufangen.
Nach Topf Nr. 5 fragte ich mal vorsichtig nach, was er denn eigentlich suche. Er drehte sich zu mir um, holte Luft und rief leicht verzweifelt: "Na, DILLLLLLLL!"

War leider aus :D Wir komplimentierten ihn dann mit seinen Tüten aus der Kirche. Und den 5 Töpfen Basilikum. Schmeckt ja auch gut.

Heute war eine Sonderausgabe und am 30. ist auch nochmal eine, bevor es sich post-feiertäglich wieder normalisiert.

Ich habe hier alle meine kleinen Geschenkchen zusammen und fahre morgen nachmittag für ein paar Stunden zu meinem Bruder und seiner Familie. Und das war es dann auch mit meinem Weihnachten.

Ich habe den Kühlschrank voll mit allerlei schnabulösem Futter, eine Liste mit sehenswerten Serien, Bücher und eben diese Ruhe, zu wissen, dass meine Suche erstmal vorbei ist. Und ein voller Wollkorb!

Vielleicht gehe ich Freitag mit Freunden und deren Kindern in die glitzernde Innenstadt, Lichter gucken. Immer schön mit Abstand und Masken, logisch.

Ich wünsche meinen Lesern hier ein - trotz allem -ruhiges, schönes und friedliches Fest. Genießt die Zeit.

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Mittwoch, 16. Dezember 2020
Searching a job
Es ist Lockdown. Also so halbwegs. Man kann notwendiges wie Essen etc. einkaufen, jederzeit raus, im erlaubten Rahmen Menschen treffen und Weihnachten feiern. Also so richtig richtig "hart" ist das ja eher nicht.

Hart finde ich eher, wie lächerlich sich unser Schulsenator verhält. Aber dazu lasse ich lieber Blogger etwas sagen, die Kinder haben. Wütend macht es mich trotzdem (siehe auch Max Buddenbohm).

Ich suche jedenfalls weiterhin einen Job. Anscheinend nerve ich damit den einen oder anderen aus einer WhatsApp-Gruppe "extrem", weil ich bei jedem Angebot jedesmal eine Ausrede finden würde, warum dieser oder jene Job nichts für mich ist.

Naja, eventuell vertüdelt der Gute da etwas. Der einzige angebotene Job war für 880,- € netto und bei aller Liebe: nein. Das mache ich nicht und werde dergleichen immer sofort in die Tonne treten. Das ist einfach eine Frechheit, nichts weiter.
Fast alle Bewerbungen liefen ins Nichts, es kamen entweder keine Antwort oder eine Absage. Ich sehe da keine "Ausreden".
Aber natürlich empfindet es jeder anders. Und die Nerven sind eh überall reichlich angespannt, das geht ja vom "Moin" beim Bäcker bis zu Telefonaten mit Freunden.

Derzeit warte ich allerdings auf eine Zusage, die auf den ersten Blick gut klingt. Luxussegment, altehrwürdiges Unternehmen, Customer Service, zweisprachig. Und relativ gute Bezahlung.
Mein "aber": es ist nur für 3 Monate. Jetzt habe ich links ein Teufelchen und rechts ein Engelchen auf der Schulter.
Teufelchen sagt: "Bist Du blöd? Das ist doch kein Job, wenn es nur 3 Monate sind. Danach hockst Du wieder herum und der ganze Scheiß geht von vorne los. Lass es."
Engelchen sagt (mit Hilfe des R. aus der WhatsApp-Gruppe): " Mach das! Du kannst immer noch weiter suchen und vielleicht wirst Du ja auch übernommen und das wäre natürlich sehr fein! Also hüah!"

Und ich sitz da wie Max aufm Misthaufen und kann eigentlich nur abwarten. Im Laufe dieser Woche wird die Zeitarbeitsfirma sich melden. Ja, noch so ein Nachteil: es ist Zeitarbeit.
Engelchen aka R. hat natürlich Recht: es ist so dermaßen schwer, in diesen Zeiten überhaupt einen Job zu finden, ich sollte nehmen, was kommt, wenn eigentlich alles andere passt.

Also drückt mal die Daumen, dass es was wird.

Ansonsten arbeite ich immerhin ab nächster Woche bei dem Gurgeltest-Corona-Zentrum auf dem Kiez. Nur 10 Stunden/Woche, mehr darf ich ja nicht und dann wird sowieso noch so einiges davon abgezogen von meinem bisschen ALG1. Aber besser als nichts, gell?

Und die Suppenküche habe ich ja auch noch. Diese Woche helfe ich nur am Donnerstag, d.h. Vorbereitung für den Ansturm am Freitag.
Letzte Woche war es jedenfalls sehr anstrengend, aber auch sehr schön. Die anderen Helfer waren etwas skeptisch bezüglich der Roten Beete-Kiste "was ist das und wer soll sowas essen?". Aber es waren sehr viele osteuropäische Damen da, die die Beeten begeistert mitgenommen haben.
Andere wiederum waren tatsächlich sehr picky, was das Gemüse anging. In diesen Viruszeiten kommt es aber weniger gut, wenn man erstmal in aller Seelenruhe jede Orange, Birne, Blumenkohl, Banane, Gurke, Zucchini, Aubergine usw. ausgiebig begrabbelt. Ich hab dann meinen Posten hinter dem Tisch verlassen und den Damen das Zeug in die Hackenporsche geschaufelt. Geht nicht anders, draußen standen die Menschen einmal rund um die Kirche und schnatterten in der Kälte, während Madame Babuschka...naja. Es ging dann jedenfalls schneller ;-)

Sehr viele sind dort Stammkunden und unglaublich lieb. Und dankbar. Und ein Großteil ist auch eher "Gemüse? Och nööö. Schokolade? Jau!!" Dort zu helfen ist eine wichtige Erfahrung für mich. Man bleibt schön am Boden und weiß, dass das eigene Leben trotz Corona, Lockdown, Arbeitslosigkeit usw. immer noch ganz schön gut ist.

Und jetzt stricke ich weiter Socken, so.

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