Mittwoch, 21. Oktober 2020
2 Wochen zu Hause...
...und ich finde, dass es mir ganz ausgezeichnet geht :)
Ich fühle mich sauwohl. Die Wohnung ist ein wenig hübscher geworden (nächste Baustelle: der Flur. Ich weiß nur überhaupt nicht, wie ich das haben will...), die neue WaMa ist leise und ich bin mir sehr sicher, dass die auch viel viel sauberer wäscht als meine alte Omma vorher.

Meine Tage sind entweder voller Termine wie Hausärztin (die mich fast knuddelte als ich wieder auftauchte) und Orthopäde (ungeil) oder auch mal Arbeitsamt.

Ich suche täglich Jobbörsen durch und habe schon zwei Vorstellungsgespräche, allerdings nicht persönlich, sondern per Video und Telefon. Mal sehen, was da so ankommt. Ich lasse mir Zeit und werde nicht wieder den Fehler wie im Dezember machen, panisch das erstbeste zu nehmen!
Wenn dann irgendwann auch mal Arbeitslosengeld eintrudelt, wäre es wirklich zauberhaft. Nach 7 Monaten ohne einen einzigen Cent an Geldeinnahmen bröselt das Ersparte dann doch relativ rasant hinfort. Aber natürlich kam bei einem Anruf meinerseits bei der BA raus, dass angeblich noch etwas fehlen würde. Auf meinen Hinweis, dass es doch vorliegen würde, ich könnte es ja online sehen, kam ein "Hups, hihi. Tatsache, da ganz unten in der E-Akte. Dann ist ja fein, dann bearbeiten wir das mal, nüch?"
Ich "hups" euch auch gleich mal, Leute...

Ein Anwalt für Sozialrecht ist übrigens gefunden und er guckt sich gerade meine Unterlagen an. Es bleibt spannend.

Heute war ich dann auch endlich bei einem Nachsorgetermin in einer Einrichtung, die mich schon kennen. Diese Therapeutin war mir allerdings noch nicht bekannt und ich bin mir ganz und gar nicht sicher, ob ich die weiterhin haben möchte. Folgendes: ich sollte erzählen, was passiert war, wie ich getrunken hatte, warum der Rückfall passierte etc. Soweit alles normal.
Dann kam ziemlich vorwurfsvoll der Satz: "Sie lächeln ganz schön viel, dafür dass sie soviel getrunken haben."

Kennt ihr diesen Smily, der aussieht wie Mesut Özil? Ja, so guckte ich auch. Ich meinte dann, dass ich in Bullerbü halt ganz andere Schicksale als meins mitbekommen habe und dass ich mich mit meiner eigenen Wohnung, dem sozialen Umfeld, den Freunden und mir selbst derzeit sehr wohl fühle und all das, was ich habe, sehr zu schätzen weiß. Und dass ich halt ganz genau weiß, warum ich wieder gesoffen hatte und wie ich es wieder in den Griff bekommen habe.
Fand sie nicht gut. Ich hätte irre Probleme und würde die Vergangenheit nicht verarbeiten. Sie erwarte jetzt zwar nicht, dass ich 45 Minuten pro Sitzung durchgehend weine, aber ich sei zu gut gelaunt. Ob ich bipolar sei?

Öhm.

Naja. Eigentlich habe ich gelernt, dass ich Vergangenheit eben als genau das betrachten soll, was es ist: vergangen. Man kann es ja jetzt nicht mehr ändern. Aber ich kann an mir arbeiten und zusehen, dass ich nicht wieder in alte Gewohnheiten falle. Mir erschließt sich nicht so ganz, was daran so furchtbar falsch sein soll. Und nur weil ich derzeit beste Laune habe und jeden Tag genieße, soll ich also bipolar sein.

Nee, Kinners. Also ich habe ganz bestimmt die eine oder andere Störung, aber wer ist denn bitte völlig "normal"?

Und dieses "himmelhochjauchzend/zu Tode betrübt" bin ich nicht. Ich jauchze gerne mal und bin auch mal betrübt, aber das ist ja wohl nicht bipolar, sondern die Regel.

Ich gebe zu, dass ich ein wenig grantig durch den Regen nach Hause gestiefelt bin. Mal sehen, ob ich nochmal zu der Dame gehe. Irgendwie will ich weiter sehen, was ich wohl nächstes Mal für 'ne Störung habe *g*

So, morgen dann mal ganz früh zur Blutabnahme, wollen wir doch mal sehen, wie es meiner armen gebeutelten Leber geht.

Und Montag spät abends zum MRT. Mein Knochendoc befürchtet nämlich, dass ich mir durch das viele Berghochbergrunter-Gelatsche nicht nur die Arthrose gefördert, sondern auch alle (!) Bänder im Knie ruiniert habe. Und dann würde es eine Vollprothese werden. Also zweimal midde Säge überm und unterm Knie "niääääärg, da kommt Onkel Werner middi Flex!" *wurgs*

Mitte November weiß ich mehr, aber dieses Jahr werde ich keinesfalls mehr diese OP machen lassen. Im Winter ist das nämlich eine sehr dämliche Idee. Vor drei Jahren bin ich den ganzen Winter mit Krücken auf Eis herumgestakst, voller Panik, hinzufallen. Das erspare ich mir mal.

Morgen treffe ich aber erstmal meine liebe M. wieder, sie hat ganz ganz viel tolles zu erzählen und ich freue mich derbe auf den Spaziergang.

Und nu: Socken und Netflix :)

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Dienstag, 6. Oktober 2020
Back in the Hamburg Groove
Ich bin wieder dahaaaa!

Die letzten beiden Tage auf dem Berg zogen sich dann doch arg hin. Aber ich habe versucht, jede Minute noch zu genießen. Belohnung: ein großer, hübscher Fuchs direkt vor mir im Morgengrauen und ganz viel Geknuddel und Getütscher von den Leuten da.

- *lach* das ich den Fuchs jetzt vor den Menschen erwähnt habe, passt ja mal wieder -

Heute morgen direkt nach der morgendlichen Inforunde und meiner Verabschiedung -es war mir wirklich ein Vergnügen!- brachte Freund M. mich liebenswerterweise noch zum Bahnhof, wir rauchten noch eine, umarmten uns sehr fest und dann war ich auf dem Weg zurück in die Große Stadt. Bei Regenwetter und dicken Wolken, aber mir war es egal: ich habe es geschafft.

Und zwar nicht durchgekämpft und gelitten, sondern vom ersten Tag an wusste ich: diese kleine Einrichtung da oben auf dem Berg war haargenau das Richtige. Mein Bullerbü, wo ich - wie zu Beginn des Blogs schon erwähnt - meine zerbröselte Seele und Körper wieder zusammenbauen konnte.

Das ist gelungen. Ich fühle mich haargenau so wie vor 8 Jahren, als ich aus der Langzeittherapie kam. Voller Mut, Zuversicht und Hoffnung, das ganze unterstützt von meinem Optimismus und einer tiefen Zufriedenheit.

Der Tag hier heute in meiner kleinen Wohnung - die dringend einer gewissen Grundreinigung bedarf, mag wer?? - war einfach nur schön. Erstmal habe ich die drei Taschen in die Ecke gefeuert und bin sofort mit meinem Hackenporsche einkaufen gegangen. Mehr passte dann auch nicht rein, aber jetzt habe ich erstmal alles. *g*

Dann alles weggepackt und die Küche soweit vorbereitet, dass morgen die neue Waschmaschine angeschlossen werden kann. Tagliatelle mit Lachs gekocht und selig verspeist. Dazu Cranberryschorle. Und einen Filterkaffee mit Schokohafermilch und einem Schuss Macadamiasirup. Man sage mir nicht, dass ich nicht genießen kann ;)

Jetzt sitze ich frisch geduscht und geschrubbt und eingecremt auf dem Sofa, tippe das hier alles und werde auch weiter schreiben. Mein Weg mit der Sucht ist jetzt ja nicht beendet.
Au contraire: eigentlich geht es jetzt erst los. Hier ist keine Sicherheit mehr, keine Käseglocke und keine Alkoholkontrolle. Das muss ich jetzt alleine schaffen.

Und das werde ich.

Wie mein Verhältnis zu Hamburg ist, weiß ich noch nicht. Ich freute mich, über die Elbbrücken zu fahren und die Skyline wieder zu sehen und dieses Mal zu wissen: ich bleibe.
Die Menschenmassen hielten sich auch ziemlich in Grenzen, hier sind gerade Herbstferien. Die nächsten Tage schaue ich mich mal vorsichtig wieder um und beobachte alles. Ich habe es ja ziemlich grün hier in meinem Viertel, eventuell reicht das noch, um noch einige Jahre hier zu bleiben. Man wird sehen.

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Samstag, 3. Oktober 2020
Hab ein leeres Zimmer :)
Tadaaa! Heute morgen um 9 kam mein Brüderchen und wir haben alles nach Hause gefahren. Also wirklich fast alles. Hier steht noch der Laptop, EIN Knäuel Wolle samt Strickstück (ok, ein sehr sehr großes Knäuel), und n büschen Klamotten. Alles andere ist wieder da, wo es hingehört. In meiner Wohnung.

Heute war also ein schöner, aber auch leicht schwieriger Tag.

Schön, weil ich das Himmelbett frisch bezogen habe und auch gleich gewaschen, das Bad geputzt habe, einmal auf Spinnwebenjagd gegangen bin (hiermit ein Lob an Dyson: das Ding hatte immer noch Saft!) und alle Taschen, Tüten und den Rucksack ausgepackt und verstaut habe.

Dann kurzer Blick in den Kühlschrank: ist mein selbstangesetzter Gemüsebrei (anstatt Brühwürfel) noch gut? Jawoll! Sind die marokkanischen Salzzitronen auch noch ok? Uih, sind sie!

Ich hatte dann sogar begonnen, Kleidung für die Kirche bzw. Hanseatic Help auszusortieren, aber dann dachte ich mir, dass ein Nickerchen auf dem Sofa auch fein wäre. Man muss es ja nicht übertrieben, nä?

Also mit Wolldecke zurecht gekuschelt, einen Kaffee gemacht, neues Strickzeug vorbereitet: ratzepüüüüüh. Nach einer Stunde wieder aufgewacht und dann ganz kurz ernsthaft in Betracht gezogen, die letzten beiden Tage in der Einrichtung zu schwänzen.

Das war dann der schwierige Teil.

Aber das passt nicht zu mir. Ich ziehe es natürlich bis zum Ende durch. Was sind schon zwei Tage gegen ein Vierteljahr.

Also ein leeres Köfferchen gepackt und den Rucksack wieder aufgeschnallt, ab zum Bahnhof und Freund M. hat mich dann vom Bahnhof hier abgeholt. Danke nochmal ;)

Jetzt sitze ich hier und bin erstaunt, wie irre schnell diese drei Monate vergangen sind. Und auch ein wenig erstaunt, wie gut es mir geht. Ich bin voller Energie und Tatendrang, aber auch achtsam mir gegenüber.

Die nächsten Wochen sind ziemlich vollgepackt mit Arztterminen, Nachsorge, SHG-Suche. Und Mittwoch kommt auch gleich eine neue Waschmaschine. Meine ist 24 Jahre alt und so schebbig, dass ich bei jedem Schleudergang befürchte, Madame kommt gleich ins Wohnzimmer gehoppelt. Ich meine, jetzt habe ich dank der Bürokratie dermaßen viel Geld verbraten, dann kann ich auch eine neue WaMa kaufen *g*

Achja, den Anwalt muss ich auch nochmal anrufen.

Wie man sieht: ich bin wieder bei mir. Vollständig und heil. Und ich habe FreundInnen, die sich schon gemeldet haben zwecks Spaziergang etc. Damit ich eben nicht wieder in mein schnapsgetränktes Schneckenhaus versinke. Es liegt nur an mir!

Und was koche ich nun am ersten Abend? *g* Es wird jedenfalls herrlich. Gerade nach dem Tag heute freue ich mich noch mehr auf Zuhause.

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