Sonntag, 15. Oktober 2023
Herbst, aber in mir ist Frühling
...naja, jedenfalls fast. Ich mag die dunkle, kalte Jahreszeit so überhaupt nicht. Jaja, ich höre es schon: Tee! Kerzen! Sofa! Lesen!
Das kann ich auch alles im Sommer haben. Ich mag keine nasse Kälte und mir ist das hier oben viel zu lange zu dunkel.
Aber: radikale Akzeptanz. Ich kann das absolut nicht ändern, also nehme ich es hin und mache das Beste daraus. Und schon geht es mir besser.

Diese radikale Akzeptanz ist eines meiner Hauptthemen hier in der Therapie. Und erstaunlich leicht umzusetzen.

Ein anderes Thema betrifft mein Ich. Seit der letzten Einzelsitzung kaue ich auf meiner Selbstwahrnehmung herum. Mir ist das schon lange aufgefallen, dass ich Lob oder Anerkennung nur unglaublich schwer annehmen kann. Ich wiegel alles ab. Selbst Kleinigkeiten.
Ich habe z.B. einen wuscheligen Pulli. So ziemlich jeder fragt: "Ooooh, darf ich mal anfassen? Ist der schön!"
Je-des-mal kommt von mir: "Das alte Ding? Bitte! Den habe ich für n Zehner auf dem Grabbeltisch bei Karstadt gefunden!"
Herrjeh! Das stimmt zwar, aber kann ich nicht einfach lächeln und ansonsten die Klappe halten?
In der Gruppentherapie kam das auch auf. Wie öfters sollen WIR mit Themen ankommen. Das habe ich jetzt dreimal gemacht, weil ansonsten absolut nichts kam. Ich halte betretenes Schweigen nie lange aus, also bringe ich ein Thema an. Und jedesmal saß ich da nachher und es uferte aus zu einer "Spezialtherapie für Frau St."

Argh! Dieses Mal war es so heftig, dass ich mal eben den Raum verlassen musste. Meine Frage war, was die anderen sich von der Therapie erwarten. Erwarten sie, dass man hier ein paar Knöpfchen drückt und zack: nie wieder will man trinken? Oder sind die bereit, viel harte Arbeit in diese Therapie zu stecken und falls ja: wie geht es denen damit?
Als Beispiel deutete ich mein Einzelgespräch an. Und wie schwer es mir fällt, Anerkennung anzunehmen, obwohl ich mich nach Anerkennung sehne. Um mich rundherum wohlzufühlen, brauche ich ab und an mal ein Lob.

Und das bekomme ich auch, sei es für mein Gestricke oder das ich mich für Andere engagiere. Aber ich rede alle meine Tätigkeiten ständig klein.
Beispiel: ich bin stellvertretende Protokollantin. Kollege M. sagt, das er das niemals könne und das super findet. Was erwidere ich: "Also bitte. Ich sitze nur da vorne und halte einen Kuli fest!" Er: "Aber 40 Leute starren dich an!" Ich: "Ja. Und? Da ist doch nichts dabei!" Er:" Du liest vor zig Leuten aus deinem eigenen Buch vor!" Ich: "Pfft, das alberne Geschreibsel!"

Also mal ehrlich, das muss aufhören!

Auf der einen Seite weiß ich durchaus, was ich alles kann und was ich in meinem Leben bereits geschafft habe. Trotz meiner Suchterkrankung. Auf der anderen Seite verachte ich mich selber nach wie vor dermaßen für diese Krankheit, dass ich kaum etwas positives zulassen kann.

Und daran arbeite ich jetzt. Und in mir wird es an manchen Tagen frühlingshaft leicht, weil ich lerne. Ich lerne, mich wieder zu mögen und auch mal ein Lob anzunehmen. Und ich lerne, einfach Dinge zu erledigen, weil ich gerne Sachen organisiere. Und nicht, weil ich dafür ein "Hattu aber fein gemacht!!" hören will. Genau das denke ich nämlich immer.

Sowas geschieht mit einem, viele Jahre nach der Kindheit, weil es immer nur Liebe gab, wenn ich sehr gute Leistung erbrachte. Dankeschön! *sarkastischen Knicks mach*

Außerdem *Fanfare!!*: ich habe Halbzeit. Meine Therapie ist tatsächlich schon zur Hälfte herum! Nur noch vier Wochen stationär, danach gehe ich für die letzten drei Wochen in die sogenannte T.S.E. = teilstationäre Entlassungsphase. Ich behalte mein Zimmer hier, kann aber jeden Nachmittag nach Hause fahren. Also genau wie eine Tagesklinik. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass ich bei Bedarf auch hier schlafen kann.

Das finde ich sehr fein gelöst und werde es natürlich in Anspruch nehmen.

So. Morgen um 8:30 ruft mich das Jobcenter an, ein Herr S. möchte mich beraten. Ich weiß zwar beim besten Willen nicht, inwiefern er mich beraten möchte, aber bitte... :)
Und dann habe ich ab dieser Woche auch noch die sogenannte "Arbeitslosengruppe". Da lerne ich, wie man ein Bewerbungsschreiben verfasst. Gaaaanz super. Ich versuche, da wieder rauszukommen. Bewerbungen schicke ich schon seit 10 Tagen raus, ich war 2 Wochen arbeitslos dieses Jahr. Nicht 2 Jahre... *augenverdreh*

Nicht falsch verstehen, hier gibt es einige, die schon echt lange arbeitslos sind. Für diese Leute ist so eine Gruppe sehr gut. Aber dazu zähle ich mich nun wirklich nicht.

Na, wir werden sehen...Habt eine gute Woche!

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Mittwoch, 27. September 2023
Die Zeit vergeht rasend schnell
Ohje, eigentlich wollte ich viel öfter schreiben. Aber jetzt ist schon wieder Mittwoch, die Woche mehr als halb herum und ich bin mittlerweile ganz tief in der Therapie.

Mittlerweile kann ich mich endlich voll auf meine Krankheit und deren Ursachen konzentrieren. Mein Therapeut ist richtig gut und holt aus meinem Unterbewusstsein erstaunliche Dinge hervor.

Das führt natürlich manchmal auch dazu, dass ich nicht so gute Tage habe. Ich kaue sozusagen noch auf diesen Themen herum. Manchmal schlafe ich dann nicht so gut oder gehe gedankenverloren herum. Was dann wiederum zur Folge hat, dass Mitpatient*innen denken, ich sei irgendwie sauer. Nein. Mein Gehirn arbeitet.
Im Gegensatz zu Euch, ihr Napfnasen. Die fallen regelmäßig in Ohnmacht, wenn Seminare etc. angekündigt werden.
Der erste Satz ist regelmäßig "Boah, nee ey. Da hab ich keinen Bock drauf, da bleibe ich einfach weg."

Dezentes Räuspern meinerseits "Ähm, das ist Pflicht. Ob Du da nun Bock drauf hast oder nicht. Das hier ist immer noch kein 16-wöchiger Urlaub, auch wenn Du das gerne hättest..."

Zack, bin ich wieder "Zicke", die "Scharfe" (äh, what??), die "Nervkuh". Ja, ihr redet echt laut. Ich hab das alles gehört.

Wisst ihr was? Ihr seid mir egal. Ihr seid mir sowas von egal. Ich gehe hier meinen Weg und wenn euch meine Art nicht passt: so fucking what! Wir werden uns nie wiedersehen und selbst wenn, werdet ihr mir immer noch egal sein.

Ich bin ganz schön dankbar, dass so eine irre lange Therapie bezahlt wird. Das gibt es nicht überall und schon mal gar nicht umsonst. Anstatt mitzumachen, meckert eben. Und sauft danach weiter. Es.Ist Mir.Egal.

So. Ansonsten war heute ein sehr feiner Tag für mich, weil ich fast ein Jahr mit der Diagnose "beginnender Umbau der Leber" sprich "Leberzirrhose steht vor der Tür" herumgelaufen bin.
Heute morgen stellte sich heraus: Fehlalarm! Ich habe eine Fettleber, aber die kriegt man mit guter Ernährung wieder in den Normalzustand. Und natürlich das tun, was die supernette Ärztin in der Sonografie heute sagte: "Nicht mehr saufen, nä!?"

Nein. Nicht mehr. Ich sage nicht "nie mehr", das ist viel zu optimistisch. Aber wie sagte schon der Typ da aus "Game of Thrones"? "Not today".

Dabei bleibe ich. Heute nicht. Und das sage ich seit über 11 Wochen jeden Tag. Und werde es weiter sagen :)

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Mittwoch, 13. September 2023
Kleine Erleuchtung
Der Text von Montag morgen hat ja das etwas wackelige WLAN hier gefressen, also auf ein neues. Das ist mir nämlich wichtig.

Sonntag guckten wir mit einigen Leuten das Endspiel der Basketball-WM unten im Café. Während des Spiels erinnerte ich mich plötzlich an die alte Firma, wo ich so viele Jahre happy (und trocken) war. Wir guckten solche Ereignisse öfters gemeinsam im Aufenthaltsraum, der einen riesigen Fernseher hatte. Einige besorgten Getränke, andere Essen.
Und ich überlegte, was ich wohl trinken würde, wäre ich jetzt in der alten Firma bei den ehemaligen Kollegen: Alles, aber keinen Alkohol. Das Bedürfnis/Verlangen/Appetit auf alkoholische Getränke war schlagartig vorbei.

Ich saß da mit meinem Strickstrumpf, um mich herum grölte alles bei jedem Korb und schaute defintiv verdattert aus der Wäsche.

Und dann musste ich sehr breit lächeln.

Derzeit ist "es" weg. Mein Suchtgedächtnis, das alte Arschloch, hält die Klappe! Nanu? Jetzt schon? Ich bin ja erst knappe 2,5 Wochen in Therapie...

Das Gefühl ist unbeschreiblich. Plötzlich ist man befreit von dem Fiesling der im Hinterkopf sitzt und einem zuflüstert, dass ein Drink ja nun wirklich nicht schadet (Spoiler: oh doch!)

Ich bin mir bewusst, dass der Fiesling wieder auftauchen wird. Aber dann werde ich mich an diesen kurzen Moment Sonntag nachmittag erinnern und ihm einfach einen netten kleinen Arschtritt verpassen :)

Mein wirklich guter Therapeut war übrigens ebenfalls hocherfreut. Nicht mal unbedingt wegen meiner kleinen Erleuchtung, sondern weil ich weiß, dass die Saufgedanken jederzeit wiederkommen können und werden. Das sollte man nie außer Acht lassen.

Es passt auf keine Kuhhaut, wie oft Suchtkranke nach der ersten Entgiftung aus der Klinik marschieren in der festen Überzeugung, dass sie nach nur 21 Tagen wieder gesund sind...MÖÖÖP! Dem ist nicht so. Und "gesund" werden wir nie wieder. Wir sind chronisch krank. Alle.
Wäre halt schön, wenn Versorgungsamt und Co. das auch mal so sehen würden. Aber das ist ein anderes Thema.

Habt eine gute Wochenmitte!

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Montag, 28. August 2023
Back in the Groove
Moin!
2020 begann ich diesen Blog, weil ich dachte, es sei eventuell für die/den einen oder anderen hilfreich, wenn jemand wie ich offen über meine Krankheit berichtet.

Ich bin Alkoholikerin. Nach dem Sommer 2020 in der Nordheide war ich glücklich, zuversichtlich und klar.

Das hielt nicht sehr lange an. Nach ca. 1,5 Jahren liebäugelte ich wieder mit meinem Suchtgedächtnis. Es hatte doch Recht! Ein Glas schadet nicht! Nööö...

Tja. Natürlich hat es geschadet. Wir haben jetzt Ende August '23 und ich bin nach Monaten voller Ups and Downs (mehr Downs allerdings) und nach langem Hadern und viel Existenzangst seit heute in einer erneuten Langzeitherapie. Meine erste war 2012, danach war ich viele Jahre trocken und happy.

Ich musste einsehen, dass ich es nicht mehr schaffe. Meine Dämonen haben gewonnen. Mistviecher! Nach einer qualifizierten Entgiftung musste ich noch 4 Wochen zuhause warten, bis ich die Therapie beginnen konnte.
Erstaunlicherweise fiel mir das sehr leicht.

Die sogenannte QE war sehr gut. Selbst ich "alter Hase" habe neue Erkenntnisse gewonnen. Vielleicht war es
deswegen das erste Mal seit Monaten so einfach, nichts zu trinken.

Ich lasse den Blog hiermit wieder aufleben, werde versuchen so oft wie möglich zu schreiben, auch wenn ich dafür ins klinikeigene Café muss. Auf den Zimmern ist nämlich daddeldu mit WLAN...Hmpf.

Ich betrachte das hier zum einen als Tagebuch und zum anderen einfach als Gedächtnisstütze und Informationsaustausch.

Also: Der erste Tag, ankommen.

Huch. Die sind ja alle ausnahmslos nett hier! Und die Regeln sind weitaus lockerer als 2012 in der anderen Einrichtung.
Also Einweisung, Pusten, Pipi machen. Rundgang mit der Patin (jede*r hat eine*n), ab zur Ärztin.

Öha. Ich habe wirklich Raubbau an meinem Körper betrieben. Das wird von der sehr ehrlichen Ärztin ganz klar kommuniziert. Und es werden Maßnahmen ergriffen.

Mein Wunsch, hier in den nächsten 3 Monaten mit dem Rauchen aufzuhören, ist übrigens kein Wunsch mehr. Das ist jetzt eine Anordnung *schluck*
Leber hat einen Hau weg, das weiß ich aber schon seit letztem Jahr (und habe sie fleissig weiter mißhandelt. Auch so ein Zeichen von Sucht. Man WEISS, dass es wirklich schadet, aber betäubt sich immer weiter und immer härter).

OK. Dann kann ich endlich mein Zimmer beziehen und HACH! Ist das schön groß! Und es liegt eine kleine Tüte Gummibärchen auf dem Kissen, wie süß!

Danach Mittagessen. Übrigens haben wir hier einen eigenen Koch. Nix mit Caterer und aufgewärmtem Fraß. Alles lecker und frisch.

Am frühen Nachmittag Kofferkontrolle. Logisch. Das hier ist eine Suchtklinik und beileibe nicht nur für Alkis. Es werden auch später spontane Kontrollen durchgeführt werden.
Danach ist erstmal Schluss für heute. Abendbrot ist reichhaltig, in Buffetform. In meiner Gruppe sind einige Rehabilitanden, die auch abnehmen wollen (ich will und ich muss. So fett wie jetzt war ich in meinem ganzen Leben noch nicht!) und wir unterstützen uns gegenseitig. Also nix mehr Brötchen, Weißmehlprodukte etc. Morgens und abends Quark mit Gemüse und/oder Obst. That is it, folks!
Mittags schau ich mal. Hier ist eindeutig viel Bewegung angesagt. Sollte ich zu hangry werden, werde ich mittags auch Nudeln & Co. essen. Aber eben viel weniger als normalerweise. Ich MOPS!

Morgen früh habe ich mein erstes Einzelgespräch mit meinem Bezugstherapeuten und danach noch dies und das. Es war ein gutes Ankommen!

Und ich bin sehr dankbar, dass uns diese Möglichkeiten gegeben werden. Man muss sie halt "nur" nutzen ;-)

Das ganze wird tiefenpsychologisch angegangen. Mal sehen, wie tief ich gehen kann um den ganzen Scheiß der letzten Jahre zu verarbeiten.

Wenn ihr mitkommen möchtet: ich freue mich!

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Mittwoch, 23. Dezember 2020
Ein Geschenk!
Ohja, und was für eins.
Ich habe wieder Arbeit. Ab Mitte Januar arbeite ich im: tadaaa: Impfzentrum der Stadt.

Dieses Gefühl, wieder gebraucht zu werden und dann auch noch etwas wirklich sinnvolles machen zu können ist sehr sehr toll.

Auch wenn es erstmal nur für ein halbes Jahr ist, in der Zeit kann ja viel passieren und ich denke nicht, dass alle in 6 Monaten gepiekst worden sind ;)

So oder so: ich habe zum ersten Mal seit langer Zeit eine Ruhe in mir. Die nächsten Wochen kann ich hier völlig entspannt die letzten freien Tage genießen, ohne fast täglich Stellenangebote zu sichten. Yay!

Mein kleiner Nebenjob hat sich damit erledigt, leider aber auch dann die Supppenküche. Jedenfalls fürs erste. Ich helfe auf jeden Fall aber noch mit, solange ich Zeit habe.

Die Arbeit dort erdet einen nämlich ganz wunderbar und lässt mich mein eigenes Leben noch ein wenig mehr wertschätzen. Und die Menschen da sind so arg lieb, dass es einem ganz flauschig werden kann.
Also die meisten jedenfalls *g*
Letzte Woche turnte ein nicht nüchterner Mann halsbrecherisch zwischen den Treppenstufen herum, wo wir liebevoll die vielen Töpfchen mit frischen Kräutern aufgebaut hatten. Er schnappte sich einen Basilikumtopf, hopste sehr unelegant gen Boden, torkelte einmal im Kreis, dann wieder hoch, nächster Topf, wieder eine Art Bodenturnen mit doppeltem Underberg/Rittberger, noch ein Basilikum usw. Ich stand da mit erhobenen Armen, um den Schlacks zur Not aufzufangen.
Nach Topf Nr. 5 fragte ich mal vorsichtig nach, was er denn eigentlich suche. Er drehte sich zu mir um, holte Luft und rief leicht verzweifelt: "Na, DILLLLLLLL!"

War leider aus :D Wir komplimentierten ihn dann mit seinen Tüten aus der Kirche. Und den 5 Töpfen Basilikum. Schmeckt ja auch gut.

Heute war eine Sonderausgabe und am 30. ist auch nochmal eine, bevor es sich post-feiertäglich wieder normalisiert.

Ich habe hier alle meine kleinen Geschenkchen zusammen und fahre morgen nachmittag für ein paar Stunden zu meinem Bruder und seiner Familie. Und das war es dann auch mit meinem Weihnachten.

Ich habe den Kühlschrank voll mit allerlei schnabulösem Futter, eine Liste mit sehenswerten Serien, Bücher und eben diese Ruhe, zu wissen, dass meine Suche erstmal vorbei ist. Und ein voller Wollkorb!

Vielleicht gehe ich Freitag mit Freunden und deren Kindern in die glitzernde Innenstadt, Lichter gucken. Immer schön mit Abstand und Masken, logisch.

Ich wünsche meinen Lesern hier ein - trotz allem -ruhiges, schönes und friedliches Fest. Genießt die Zeit.

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Dienstag, 8. Dezember 2020
Advent 2020
Herrje, hab ich keinen Bock mehr auf dieses Jahr...Ich bin da nicht die einzige, das weiß ich.
Also, was macht frau, wenn es Jobabsagen hagelt? Ignorieren. Erstmal. Ich habe darüber mit meiner Therapeutin gesprochen, weil ich reichlich frustriert gestern zum Gespräch erschien. Wir vermuten beide, dass das zu einen halt an diesem bescheuerten Virus liegt, zum anderen aber auch an meinem Alter liegen könnte.
Ihr Arbeitgeber seid manchmal echt deppert. Mit mir habt ihr eine ausgezeichnete Allrounderin, die genau weiß wie man Ordnung ins Chaos bringt. Aber diese Allrounderin will halt auch entsprechend verdienen. Für 1200,- netto möchte ich nicht mehr Vollzeit schuften, das habe ich viel zu lange mitgemacht.
Ergo: ich warte einfach ab. Der richtige Job kommt schon. Vielleicht schreibe ich einfach einen Lebenslauf OHNE Geburtsdatum und schicke auch kein Foto mit? Hehe. So empfinde ich es nämlich als Altersdiskriminierung. Das gibt natürlich niemand zu ;)

Davon mal abgesehen bekam ich heute einen Anruf von einem Personaldienstleister, es würden Leute gesucht für eine Corona-Hotline, immerhin 13,-€/Stunde für Heimarbeit. Man versicherte mir, es käme ganz schnell ein Anruf.
Tumbleweed rollt vorbei, ein Hund bellt: nix. Soviel dazu.

Dafür arbeite ich ab Donnerstag bei der Suppenküche der Kirchengemeinde in St. Georg. Nachmittags und Freitags vormittag. Ich freue mich da sehr drauf, auch wenn es bestimmt arg anstrengend wird für mein Knie. Eventuell sollte ich meine Orthese umbinden. (Ich hasse das Teil, aber naja).

Und morgen mache ich einen Schnelltest bei diesen beiden schlauen Unternehmern, die einen Gurgeltest in Containern auf der Reeperbahn aufgebaut haben. Ich fühle mich einfach besser damit (hoffe natürlich auf negativ!), weil ich diesen Samstag zu meinem Brüderchen fahre. Der Kerl wird 50. Mist. JETZT fühle ich mich auch alt *g*

Und Weihnachten werde ich auch mit unserer kleinen Winzfamilie feiern. Also Brüdi und Ehegespons, Neffe samt Freundin et moi. Und der Hund. Mehr sind wir nicht mehr, das ist auch in Ordnung so.

Was ich immer wieder toll finde: meine am Wochenende so leere Woche wird jedesmal gefüllt. Ich bin da auch proaktiv dabei, suche mir Sachen, treffe Menschen (immer viel zu kurz und vor allem viel zu kalt, weil wir uns alle ausschließlich nur draußen treffen, schnatter) und habe vor allem hier in meiner Wohnung richtig viel zu tun.

Was vor Jahren begann als "ich wurschtel mir das hier schön zurecht" wird nächste Woche allmählich zu Ende gebracht werden. Ich fahre mit der lieben M. zu Ikea und hole noch einen Couchtisch und einen grünen Langflorteppich. Und da ich letzte Woche bereits einen DIY-Schrank für den Flur zusammengestoppelt habe und den jetzt nur noch möglichst intelligent füllen muss: Schabe fertig!
Alles wird seinen Platz haben. Keine Krumpelecken mehr. Keine völlig zugestopfte Miniküche, wo links was umfällt, wenn man rechts was aus dem Schrank holt. Kein total schlimmer Flur, der aussieht wie eine Sperrmüllsammlung.
Das tut so irre gut!
Achja, den Kleiderschrank habe ich auch entmistet, ha!

Mir geht es wirklich ausgezeichnet im Moment. Ich versuche, einfach das Beste aus der Situation zu machen. Lasse mich nicht unterkriegen, kaufe nur 2 x die Woche ein, koche jeden Tag frisch und manchmal richtig aufwendig. Nehme allerdings auch so ein büschen zu. Pfft, egal. Lieber etwas rund als blau.

Alkohol ist nach wie vor ein Thema, natürlich. Ich stehe manchmal im Supermarkt und denke, wie gerne ich mir etwas holen würde. Dann schnipps ich mit dem Gummiband um mein Handgelenk, sage laut AUA!, schüttel mich innerlich und ...kaufe Kekse :) Zur Wintersonnenwende ist es ein halbes trockenes Jahr. Das ist nicht viel, aber immerhin.

Ich lebe wieder, fühle mich gut und vor allem: die Zeit vergeht rasend schnell. Selbst wenn ich nur zuhause bin: ich habe soviel zu tun und verbringe meine Zeit ausschließlich mit Sachen und Dingen, die ich gerne mache. Das ist ziemlich privilegiert, ich bin dankbar dafür.
Bleibt gesund, dieser Mist ist noch lange nicht vorbei!

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Dienstag, 17. November 2020
Das neue Jetzt :)
Ich gestehe, ich fühle mich gerade ein wenig wie ein Luxusweib. Wie kommt das?

Nun, ich habe mir eine Psychotherapeutin gesucht. Und gefunden. Ich zahle das zwar privat, aber da ich keinen Bock habe, wieder gefühlt 200 Therapeuten anzurufen und nur Absagen zu bekommen, nehme ich mein Restgeld und arbeite an meiner inneren Müllhalde. Mir deucht, das ist gut angelegtes Geld.

Der 2. "Lockdown" ist jetzt halb rum (also Stand heute) und ich habe in den letzten Tagen gemerkt, dass ich mich schon wieder in mein Schneckenhaus verkrabbel. Nicht gut. Gar nicht gut. Also bin ich aktiv geworden.

Und das erste Gespräch war wirklich toll. Ich mag diese Frau und das ist ja schon mal eine gute Voraussetzung. Nach dem ärgerlichen Vorkommnis bei der Beratungsstelle vor 2 Wochen war ich schon ziemlich verunsichert. Jetzt geht es mir weitaus besser.

Und mehr denn je denke ich, dass man tatsächlich gegensteuern kann, wenn sich der innere Himmel wieder zuzieht. Ich schaffe es tatsächlich, meine Woche zu strukturieren, auch ohne Arbeit.
Montags ist immer so eine Art "Bürotag", ich arbeite dann Briefe etc. weg, erledige Anrufe und mache Termine.
Und daraus ergibt sich meist automatisch, dass ich die ganze Woche etwas vorhabe.

Heute nachmittag z.B. fahre ich zu einer sehr lieben Freundin (besagte, die mich im Sommer ins Krankenhaus schaffte) und wir futtern Scones. Leider nicht mit Clotted Cream, weil das Zeug offline in Hamburg ums Verrecken nicht mehr zu kriegen ist. Eine nette Dame bei Oschätzchen sagte mir, dass der britische Hersteller die Preise mal eben so verdoppelt hat und das ist einfach zu teuer für den Einzelhandel. Tja, dann essen wir die eben mit Mascarpone. Wird schon schmecken :)

Morgen kommt jemand vorbei für Socken und ich telefoniere mit einer ehemaligen Mitpatientin, die jetzt in der Langzeittherapie ist.
Und Donnerstag bin ich schon wieder bei meinem Zahnarzt, weil ich mich entschieden habe, eine spezielle Knirschschiene anpassen zu lassen. Meine Keramikzähnchen waren sauteuer, daher wäre es ziemlich dumm, die wieder runterzuschubbern, weil ich ständig verkrampfte Kiefer habe nachts. Da es nix mit pieksen, spritzen oder gruseligen Zahnarztgeräuschen zu tun hat, bin ich auch sehr entspannt. Ganz und gar ungewöhnlich für mich, weil ich schon vor einer professionellen Zahnreinigung eine Woche lang Panik schiebe...

Und ansonsten fange ich heute an, Unmengen von Wolle zu Socken und Pullis für Bedürftige zu verarbeiten. Für mich ist stricken ja Therapie, ich entspanne dabei völlig und kann praktischerweise viele viele Serien gucken. :D

Apropos Serien: wie fantastisch ist denn bitte die 4. Staffel von "The Crown"? Ich finde die deutsche Stimme von Gillian Anderson zwar sehr voldemortig, aber das ist schon alles irre gut gemacht. Außerdem möchte ich hier nochmal betonen, dass ich Diana gerne mal durchschütteln möchte. Post mortem. Is doch wahr!

Was war sonst? Biden hat gewonnen! Puuuuh. What a ride. Jetzt lasst den mal so ein oder zwei Jahre ran und dann trete er bitte zurück und lasse Kamala Harris ins Oval Office und den West Wing ;)

So, ich muss noch ein wenig den Royals zugucken, wie sie sich zerfleischen und dann backe ich und fahre mit den noch heissen Scones auf die Veddel.

Ich sag doch: Luxusweib!

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Samstag, 31. Oktober 2020
Happy (??) Halloween
Gnaaa...mir ist gerade klar geworden, dass ich kaum Hilfe bekommen kann, falls nötig. Es hat ja schon wieder alles geschlossen ab Montag. Ja, dann wird es wohl telefonisch laufen müssen, sollte ich aus purer Langeweile wieder dämliche Gedanken bekommen...

Wobei ich für mich persönlich denke, dass ich derzeit sehr stabil bin. Ich treffe derzeit mindestens dreimal pro Woche Freunde (natürlich immer den Regeln entsprechend:draußen, mit Maske, ohne knuddeln), ich gehe täglich spazieren, soweit möglich und ich bewerbe mich auf alles, was mir Spaß bringen könnte.

Was dann natürlich auch zu Situationen wie gestern führen kann: zwei Absagen innerhalb von 30 Minuten. DA zuckt ganz ganz kurz sowas wie "ichwillnSchnaps!" durchs Hirn, ehrlich.
Aber natürlich ist nichts passiert, außer das ich grummelig weiter nach Jobs gesucht habe. Es ist halt eine enorm blöde Zeit, arbeitslos zu sein.

Aber was immerhin geschehen ist: das Arbeitsamt hat mir ALG1 gewährt! WAHNSINN! UND SOVIEL! (kleiner Gruselscherz, es ist irre wenig, für meine Verhältnisse vorher). Aber natürlich nicht rückwirkend, sondern erst seit dem Tag der Gesundschreibung, also Ende September. Jetzt überlege ich ernsthaft, mir zumindest so einen kleinen Minijob zu suchen, um das aufzustocken. Aber wo? Weihnachtsmärkte dürfte es ja wohl nicht geben. Kellnern geht eh nicht. Viel herumrennen kann ich derzeit gar nicht. Ach, wird schon werden.

Während ich hier so tippe, wird es schon wieder dunkel. Um 16 Uhr. Argh! Wo ist mein Vitamin D? Ich wollte ja eigentlich einmal durch den Park, aber heute bin ich wirklich wirklich faul.
Ich habe heute morgen mit der Serie "Das Damengambit" begonnen und bin fast fertig, so toll ist die!
Als Ausgleich zum Sofahalloween werde ich morgen ganz früh kurz zu Hagenbeck fahren. Ich möchte einfach endlich mal das Orang-Utan Baby sehen. Nur kurz rein, Baby gucken, wieder raus.

Achja, und heute Abend ist wohl eine Zoomparty mit den lieben Menschen, die ich heute eigentlich in Dortmund treffen wollte. Wir sind da ja alle super vernünftig und lassen das bleiben, aber....es tut weh. Ich hab die alle schon so lange nicht mehr gesehen...

Aber mir geht es noch wirklich gut. Ich bin aufmerksam, habe den Luxus, mich voll auf mich konzentrieren zu können und auch noch keine Geldprobleme. Also dann mal auf in einen gruseligen November!
Haltet auch durch!

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Dienstag, 6. Oktober 2020
Back in the Hamburg Groove
Ich bin wieder dahaaaa!

Die letzten beiden Tage auf dem Berg zogen sich dann doch arg hin. Aber ich habe versucht, jede Minute noch zu genießen. Belohnung: ein großer, hübscher Fuchs direkt vor mir im Morgengrauen und ganz viel Geknuddel und Getütscher von den Leuten da.

- *lach* das ich den Fuchs jetzt vor den Menschen erwähnt habe, passt ja mal wieder -

Heute morgen direkt nach der morgendlichen Inforunde und meiner Verabschiedung -es war mir wirklich ein Vergnügen!- brachte Freund M. mich liebenswerterweise noch zum Bahnhof, wir rauchten noch eine, umarmten uns sehr fest und dann war ich auf dem Weg zurück in die Große Stadt. Bei Regenwetter und dicken Wolken, aber mir war es egal: ich habe es geschafft.

Und zwar nicht durchgekämpft und gelitten, sondern vom ersten Tag an wusste ich: diese kleine Einrichtung da oben auf dem Berg war haargenau das Richtige. Mein Bullerbü, wo ich - wie zu Beginn des Blogs schon erwähnt - meine zerbröselte Seele und Körper wieder zusammenbauen konnte.

Das ist gelungen. Ich fühle mich haargenau so wie vor 8 Jahren, als ich aus der Langzeittherapie kam. Voller Mut, Zuversicht und Hoffnung, das ganze unterstützt von meinem Optimismus und einer tiefen Zufriedenheit.

Der Tag hier heute in meiner kleinen Wohnung - die dringend einer gewissen Grundreinigung bedarf, mag wer?? - war einfach nur schön. Erstmal habe ich die drei Taschen in die Ecke gefeuert und bin sofort mit meinem Hackenporsche einkaufen gegangen. Mehr passte dann auch nicht rein, aber jetzt habe ich erstmal alles. *g*

Dann alles weggepackt und die Küche soweit vorbereitet, dass morgen die neue Waschmaschine angeschlossen werden kann. Tagliatelle mit Lachs gekocht und selig verspeist. Dazu Cranberryschorle. Und einen Filterkaffee mit Schokohafermilch und einem Schuss Macadamiasirup. Man sage mir nicht, dass ich nicht genießen kann ;)

Jetzt sitze ich frisch geduscht und geschrubbt und eingecremt auf dem Sofa, tippe das hier alles und werde auch weiter schreiben. Mein Weg mit der Sucht ist jetzt ja nicht beendet.
Au contraire: eigentlich geht es jetzt erst los. Hier ist keine Sicherheit mehr, keine Käseglocke und keine Alkoholkontrolle. Das muss ich jetzt alleine schaffen.

Und das werde ich.

Wie mein Verhältnis zu Hamburg ist, weiß ich noch nicht. Ich freute mich, über die Elbbrücken zu fahren und die Skyline wieder zu sehen und dieses Mal zu wissen: ich bleibe.
Die Menschenmassen hielten sich auch ziemlich in Grenzen, hier sind gerade Herbstferien. Die nächsten Tage schaue ich mich mal vorsichtig wieder um und beobachte alles. Ich habe es ja ziemlich grün hier in meinem Viertel, eventuell reicht das noch, um noch einige Jahre hier zu bleiben. Man wird sehen.

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Samstag, 3. Oktober 2020
Hab ein leeres Zimmer :)
Tadaaa! Heute morgen um 9 kam mein Brüderchen und wir haben alles nach Hause gefahren. Also wirklich fast alles. Hier steht noch der Laptop, EIN Knäuel Wolle samt Strickstück (ok, ein sehr sehr großes Knäuel), und n büschen Klamotten. Alles andere ist wieder da, wo es hingehört. In meiner Wohnung.

Heute war also ein schöner, aber auch leicht schwieriger Tag.

Schön, weil ich das Himmelbett frisch bezogen habe und auch gleich gewaschen, das Bad geputzt habe, einmal auf Spinnwebenjagd gegangen bin (hiermit ein Lob an Dyson: das Ding hatte immer noch Saft!) und alle Taschen, Tüten und den Rucksack ausgepackt und verstaut habe.

Dann kurzer Blick in den Kühlschrank: ist mein selbstangesetzter Gemüsebrei (anstatt Brühwürfel) noch gut? Jawoll! Sind die marokkanischen Salzzitronen auch noch ok? Uih, sind sie!

Ich hatte dann sogar begonnen, Kleidung für die Kirche bzw. Hanseatic Help auszusortieren, aber dann dachte ich mir, dass ein Nickerchen auf dem Sofa auch fein wäre. Man muss es ja nicht übertrieben, nä?

Also mit Wolldecke zurecht gekuschelt, einen Kaffee gemacht, neues Strickzeug vorbereitet: ratzepüüüüüh. Nach einer Stunde wieder aufgewacht und dann ganz kurz ernsthaft in Betracht gezogen, die letzten beiden Tage in der Einrichtung zu schwänzen.

Das war dann der schwierige Teil.

Aber das passt nicht zu mir. Ich ziehe es natürlich bis zum Ende durch. Was sind schon zwei Tage gegen ein Vierteljahr.

Also ein leeres Köfferchen gepackt und den Rucksack wieder aufgeschnallt, ab zum Bahnhof und Freund M. hat mich dann vom Bahnhof hier abgeholt. Danke nochmal ;)

Jetzt sitze ich hier und bin erstaunt, wie irre schnell diese drei Monate vergangen sind. Und auch ein wenig erstaunt, wie gut es mir geht. Ich bin voller Energie und Tatendrang, aber auch achtsam mir gegenüber.

Die nächsten Wochen sind ziemlich vollgepackt mit Arztterminen, Nachsorge, SHG-Suche. Und Mittwoch kommt auch gleich eine neue Waschmaschine. Meine ist 24 Jahre alt und so schebbig, dass ich bei jedem Schleudergang befürchte, Madame kommt gleich ins Wohnzimmer gehoppelt. Ich meine, jetzt habe ich dank der Bürokratie dermaßen viel Geld verbraten, dann kann ich auch eine neue WaMa kaufen *g*

Achja, den Anwalt muss ich auch nochmal anrufen.

Wie man sieht: ich bin wieder bei mir. Vollständig und heil. Und ich habe FreundInnen, die sich schon gemeldet haben zwecks Spaziergang etc. Damit ich eben nicht wieder in mein schnapsgetränktes Schneckenhaus versinke. Es liegt nur an mir!

Und was koche ich nun am ersten Abend? *g* Es wird jedenfalls herrlich. Gerade nach dem Tag heute freue ich mich noch mehr auf Zuhause.

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