Montag, 13. Juli 2020
Trinken ist einfach eine Charakterschwäche
katloki, 08:42h
Ist das so?
Ist es nicht.
Leider gibt es nach wie vor eine Vielzahl von Mitmenschen, die nicht verstehen wollen oder können, dass Alkoholismus eine Krankheit ist. Damit wird man nicht geboren (obwohl doch, das kommt tragischerweise vor, wenn die Schwangere trinkt), man "erschafft" die Krankheit.
Und diese Krankheit hat den dämlichen Effekt, dass sie bleibt. Immer. Bis zum Tod. Durch missbräuchlichen Alkoholgenuss beginnt die Leber nämlich, MEOS zu bilden. Achtung, es folgt ein kleiner Exkurs in die Medizin:
Bei chronischem Alkoholkonsum beginnt die Leber, diese tapfere, fleissige Müllhalde unseres Körpers, einen eigenen Weg zu finden, mit dem Alk umzugehen. Sie bildet ein mikrosomales Ethanol-oxidierendes System (MEOS) und passt sich dadurch an den Konsum an. Die Leber erschafft eigene Enzyme zum Abbau des Alkohols. Und diese Enzyme bleiben dann. MEOS ist dafür verantwortlich, dass der Alkoholabbau immer schneller erfolgt. Man braucht immer mehr, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Was dummerweise dazu führt, dass man nach langen oder längeren Trockenphasen (und ich meine Jahre oder Jahrzehnte) rasend schnell wieder bei der gleichen Menge an Alkohol ist wie zu dem Zeitpunkt, als man aufhörte. Dieses MEOS bleibt. Jaja, die Geister, die ich rief.
Und dann ist da auch noch das Suchtgedächtnis. Das Teil merkt es sich auch und will sofort und jetzt bitte gleich ähnliche Litermengen an Alkohol wie zu Beginn der Trockenphase. Und vergisst auch nicht. Nie mehr. Es hockt in deinem Gehirn und wispert verführerische Sätze wie: "Na, Scheißtag gehabt? Trink einfach ein Glas Wein. Machen alle anderen ja auch. Passiert schon nichts. Na los!"
Und Zack, rödelt das MEOS los und die ganze Scheiße beginnt von vorne.
Das hat also alles nun wirklich überhaupt nichts mit "Charakterschwäche" zu tun. Ich habe auch Freunde, die einfach nicht verstehen, wieso ich wieder angefangen habe zu trinken. Ich bin ihnen nicht böse und kann nachvollziehen, wieso ich ein anstrengendes Miststück gewesen bin.
Aber versucht, es zu verstehen. Bitte.
Alkoholismus ist eine lebensgefährliche Krankheit, aber auch eine der wenigen Krankheiten, die man selber in der Hand hat. Und das ist schwer. Sauschwer.
Überall ist Alkohol. In der Werbung, auf Partys, bei Konzerten, Vernissagen, Supermärkten, bei Treffen mit Freunden, an der Tankstelle, auf der Grillwiese, beim Minigolf...ja, wo eigentlich nicht? Und billig ist der Scheiß auch noch. Das muss man erstmal täglich aushalten, diese Nonstop-Konfrontation. Und solange man nicht sehr gefestigt ist, wird es immer wieder passieren.
Ich weiß, dass ich es trocken schaffen kann. Aber derzeit bin ich heilfroh, hier oben auf dem "Berg" in Sicherheit zu sein.
Ist es nicht.
Leider gibt es nach wie vor eine Vielzahl von Mitmenschen, die nicht verstehen wollen oder können, dass Alkoholismus eine Krankheit ist. Damit wird man nicht geboren (obwohl doch, das kommt tragischerweise vor, wenn die Schwangere trinkt), man "erschafft" die Krankheit.
Und diese Krankheit hat den dämlichen Effekt, dass sie bleibt. Immer. Bis zum Tod. Durch missbräuchlichen Alkoholgenuss beginnt die Leber nämlich, MEOS zu bilden. Achtung, es folgt ein kleiner Exkurs in die Medizin:
Bei chronischem Alkoholkonsum beginnt die Leber, diese tapfere, fleissige Müllhalde unseres Körpers, einen eigenen Weg zu finden, mit dem Alk umzugehen. Sie bildet ein mikrosomales Ethanol-oxidierendes System (MEOS) und passt sich dadurch an den Konsum an. Die Leber erschafft eigene Enzyme zum Abbau des Alkohols. Und diese Enzyme bleiben dann. MEOS ist dafür verantwortlich, dass der Alkoholabbau immer schneller erfolgt. Man braucht immer mehr, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Was dummerweise dazu führt, dass man nach langen oder längeren Trockenphasen (und ich meine Jahre oder Jahrzehnte) rasend schnell wieder bei der gleichen Menge an Alkohol ist wie zu dem Zeitpunkt, als man aufhörte. Dieses MEOS bleibt. Jaja, die Geister, die ich rief.
Und dann ist da auch noch das Suchtgedächtnis. Das Teil merkt es sich auch und will sofort und jetzt bitte gleich ähnliche Litermengen an Alkohol wie zu Beginn der Trockenphase. Und vergisst auch nicht. Nie mehr. Es hockt in deinem Gehirn und wispert verführerische Sätze wie: "Na, Scheißtag gehabt? Trink einfach ein Glas Wein. Machen alle anderen ja auch. Passiert schon nichts. Na los!"
Und Zack, rödelt das MEOS los und die ganze Scheiße beginnt von vorne.
Das hat also alles nun wirklich überhaupt nichts mit "Charakterschwäche" zu tun. Ich habe auch Freunde, die einfach nicht verstehen, wieso ich wieder angefangen habe zu trinken. Ich bin ihnen nicht böse und kann nachvollziehen, wieso ich ein anstrengendes Miststück gewesen bin.
Aber versucht, es zu verstehen. Bitte.
Alkoholismus ist eine lebensgefährliche Krankheit, aber auch eine der wenigen Krankheiten, die man selber in der Hand hat. Und das ist schwer. Sauschwer.
Überall ist Alkohol. In der Werbung, auf Partys, bei Konzerten, Vernissagen, Supermärkten, bei Treffen mit Freunden, an der Tankstelle, auf der Grillwiese, beim Minigolf...ja, wo eigentlich nicht? Und billig ist der Scheiß auch noch. Das muss man erstmal täglich aushalten, diese Nonstop-Konfrontation. Und solange man nicht sehr gefestigt ist, wird es immer wieder passieren.
Ich weiß, dass ich es trocken schaffen kann. Aber derzeit bin ich heilfroh, hier oben auf dem "Berg" in Sicherheit zu sein.
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susanna d,
Montag, 13. Juli 2020, 3:31 PM
Dankeschön
Hallo liebe katloki, ich bin über Maximilian buddenbohm auf dein blog gestossen und finde es toll. Vielen Dank für die Meos-Erklärung und dafür, dass ich hier mitlesen darf. Finde ich mutig und großartig, diese Zeit zu teilen. Ich hätte mich das jedenfalls in keiner Lebensphase getraut. Ich drück die Daumen für alles. Viele liebe Grüße, Susanna
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katloki,
Montag, 13. Juli 2020, 6:55 PM
Liebe Susanna,
vielen lieben Dank für deine Worte. Das hilft, immer weiter zu machen :)
vielen lieben Dank für deine Worte. Das hilft, immer weiter zu machen :)
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croco1,
Montag, 13. Juli 2020, 4:59 PM
Toller Blog!
Hallo
ich bin auch durch Maximilian auf diesen Blog gestoßen und finde es mutig, über diese Krankheit zu schreiben.
Weiter so - ich werde weiter mitlesen.
ich bin auch durch Maximilian auf diesen Blog gestoßen und finde es mutig, über diese Krankheit zu schreiben.
Weiter so - ich werde weiter mitlesen.
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katloki,
Montag, 13. Juli 2020, 6:56 PM
Lieben Dank!
Vielleicht kann es dem einen oder der anderen ja helfen, falls man selber ahnt, dass da etwas mit dem Konsum nicht so ganz stimmen könnte.
Und ich möchte auch Vorurteile gegenüber Alkoholikern aufklären. Und es macht Spaß :)
Vielleicht kann es dem einen oder der anderen ja helfen, falls man selber ahnt, dass da etwas mit dem Konsum nicht so ganz stimmen könnte.
Und ich möchte auch Vorurteile gegenüber Alkoholikern aufklären. Und es macht Spaß :)
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mellan,
Montag, 20. Juli 2020, 5:40 PM
Again what learned ;-)
Mir war zwar der Begriff Suchtgedächtnis durchaus geläufig, aber was es mit "MEOS" auf sich hat, war mir nicht klar. Danke für deine Aufklärung :-*. Ich war zwar bis jetzt noch nie alkoholabhängig oder auch nur nah dran - kenne aber diese, hm ich nenns mal Erwartungen der anderen. Als ich vor 6 Jahren bedingt durch die damalige chronische Gastritis aufgehört habe, Alkohol zu trinken, dauerte es ungelogen bestimmt ein Jahr, bevor so Sätze wie "ach komm, eins kannste doch mittrinken" echt bei Grilleinladungen etc. aufhörten. Mein Argument, dass mein Magen schlicht durch ist und ich noch nicht mal abwägen muss, ob ich es riskieren möchte, Bauchschmerzen oder Durchfall zu bekommen oder gleich mich übers Klo hänge, "galt" einfach nicht. Selbst da musste ich mich eine zeitlang verteidigen. Es dauerte wirklich lange, bis sowas wie Akzeptanz einsetzte, dass ich da mit meinem Thermobecher Kräutertee abhänge (Kohlensäure ging lange Zeit auch überhaupt nicht, selbst heute versuche ich möglichst wenig Wasser mit Blub zu trinken. Ne Cola dient auf Konzerten eher dazu, mich für die Heimfahrt zu wappnen). Wenn man mal drüber nachdenkt, ist es gelinde gesagt erschreckend, wie sehr alkoholische Getränke "dazugehören". Zu Geburtstagseinladungen, zu Grill-Events und ganz besonders als "Feierabendmittel der Wahl" in Berufen, die stressig sind oder aus denen man aufgedreht oder so rausgeht nach einem ereignisreichen Tag. Witzigerweise löste der Sport einige Jahre lang dieses Feierabendproblem ganz ausgezeichnet. Zumindest bis ich mich letztes Jahr aus dem Angestelltenleben verabschiedet habe und nun seit einem Jahr versuche, als Ausgleich zum Arbeiten wieder mehr Sport zu machen. Gelingt noch nicht so wirklich, aber ich arbeite dran ;). Es ist auf jeden Fall spannend, hier mal die Ansichten von innen heraus zu lesen. So kann ich mich besser in die Denkweisen einfühlen, die jemand hat, der Alkoholiker ist. Danke dafür, Sweety - keep on rockin´!
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